Zentrum für Buchwissenschaft
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Das Leipziger Literaturhaus vor der Insolvenz!

09.12.2025

Warum entsetzt uns als Zentrum für Buchwissenschaft in München die bevorstehende Schließung des Literaturhauses in Leipzig? Noch haben wir in München ein ebenbürtiges eigenes Literaturhaus! Die bereits entschiedenen und noch ausstehenden Kürzungen im Kulturetat der Stadt München weisen allerdings den Weg, …
Es entsetzt uns, weil in der ausgewiesenen Buchstadt (und über viele Kooperationen auch unsere Buch-Partnerstadt) Leipzig ein neuerlicher schmerzhafter Verlust droht, den sich die traditionsreiche Buch- und Messestadt nicht leisten darf. 2022 verlor Leipzig seine dezidiert historische Buchwissenschaft, eine an unseren deutschen Universitäten ohnehin zunehmend prekäre Fachdisziplin. Dann erschütterten Nachrichten über einen personellen Wechsel, über die Um- und Neugestaltung der Leipziger Buchmesse die Medienlandschaft und nun steht das Literaturhaus, Ort auch zahlreicher buchwissenschaftlicher Tagungen bereits in den 1990er Jahren, vor dem Aus.
Bereits kurz nach der Wende entstand im Frühjahr 1990 die Idee für das ‚Haus des Buches‘ (wo das Literaturhaus residiert) mit dem Wunsch, einen gemeinsamen Ort für Buch- und Verlagsmenschen zu schaffen. Im April 1990 wurde das Kuratorium Haus des Buches e.V. gegründet, bestehend aus führenden Vertreter: innen der Leipziger Buchstadt, u.a. Verleger:innen, Autor:innen, Literaturförder:innen. Die Gründung einer Plattform, die gesellschaftlichen, politischen und literarisch-kulturellen Austausch fördern sollte, insbesondere nach der Überwindung der SED-Diktatur, war somit zugleich eine für die Geschichte der Stadt Leipzig symbolträchtige Gründung.
Am 20. März 1996 wurde das ‚Haus des Buches‘ eröffnet und seit dem Gründungsjahr zählt man weit über 260.000 Gäste. Die Adresse des ‚Haus des Buches‘ an der Ecke Gerichtsweg/Prager Straße ist ein verlagshistorisch relevanter Ort: Hier – mitten im Grafischen Viertel Leipzigs – stand bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs das Buchhändlerhaus des (historischen) Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, das im Krieg nahezu vollständig zerstört wurde.
Leipzig ist die Stadt der Bücher, das Buch ist Teil der DNA von Leipzig und ein Ort kultureller Identität: Lesungen, Schreibwerkstätten, Diskussionsabende und Lesungen, Kooperationen mit Schulen, Hochschulen und Verlagen unterstreichen den Ruf Leipzigs als Literaturstadt. Das Literaturhaus ist eine unverzichtbare Plattform für Debütant:innen wie auch für etablierte Autor:innen, die hier miteinander ins Gespräch kommen. Das Literaturhaus Leipzig ist elementarer Bestandteil der Attraktivität der Stadt, stärkt den Tourismus, und während der Leipziger Buchmesse ist das Literaturhaus ein international sichtbarer Fels in der Brandung.
Und wenn diese Argumente alle nicht tragen sollten, das Literaturhaus Leipzig ist ein unverzichtbarer Ort des gesellschaftlichen Dialogs und des politischen Diskurses – es ist ein Ort der Demokratie! Und von diesen Orten dürfen wir uns gerade mit Blick auf die unruhige und beunruhigende Weltpolitik keinesfalls verabschieden! Literaturhäuser sind einer von vielen Bausteinen der Demokratie!
Der Fortbestand des Literaturhauses darf nicht gefährdet werden – eine Stadt, die sich seit Jahrhunderten als Stadt des Buches versteht, kann es sich nicht leisten, diese zentrale und international sichtbare Institution aufzugeben.
Wir wünschen unseren Partner:innen in Leipzig Beharrlichkeit, Ausdauer und zugewandte Verhandlungspartner, so dass doch noch eine Finanzierung für dieses unverzichtbare Aushängeschild Leipzigs gelingt, das Literaturhaus Leipzig vor einer Schließung bewahrt bleibt!

Zentrum für Buchwissenschaft
Prof. Dr. Christine Haug